trommelnd

Luxemburg 2009

trommelnd zogen wir den Waldhang entlang
verfolgt vom Röhren der Motorräder im Grund
versaßen den Rest des schwülen Nachmittags
auf einer Bank im Schatten, als eine Blaskapelle
im Tal blechern zu spielen begann
wir lauschten dem eintönigen Singsang eines Pfaffen
... gegrüßet seist du, Maria …
die Worte verloren sich zwischen den Stämmen
der uralten Tannen


















Foto: Katrin Schäflein  www.picturepilot.de

flashmob

die Sonne bringt es an den Tag / das Leben
das süße / bricht aus wie tausend Knospen, die 
alle /wie verabredet, zur gleichen Zeit 
aufspringen und / ihr Gesicht empor richten
zum lachend blauen Himmel / hast du nicht gesehn / da
kommt eine Wolke geritten, schon / ist der Spuk vorbei, und 
Blicke hüllen sich in Schleier / Köpfe sinken,  Schultern
fallen erdenschwer

Heimat

Heimat ruht in der Erde, dort / wo ich herkomme,
da / weiden friedlich die Schafe / wo ich hingehe,
ist mein Name in Stein gemeißelt

geschlossener kreislauf

ich will dich
du willst sie
sie will ihn
er will es
wir wollen euch
ihr wollt sie
sie wollen mich
und ich will immer noch dich

Bar

Bögen aus Licht überm Spiegel des Tresens
Flaschen mit feurigen Zaubertränken
dunkel leuchtende Stillleben alter Meister
die nur darauf warten verführen zu dürfen
zu leichtfüßigen Phantasien
aufblitzend am Grund des Glases
dort wo immer ein winziger Rest bleibt
der sich nicht schlürfen lässt


















Foto (Ausschnitt): Katrin Schäflein www. picturepilot.de

Feinstaub

du bist Feinstaub auf meinen Traumpfaden
Treibsand, der in meinen Mühlen knirscht
bringst meine Träume zum Niesen
verklebst die Poren meines zweiten Gesichts

schmieg dich wie Seide um meinen Fuß
umschmeichle meine Sohlen wie Samt
lass die Pfade unter meinen Schritten singen
auf meinen nächtlichen Wanderungen

im Blick

wir haben uns aus dem Blick verloren
zwischen uns ist ein Spiegel
ich bin auf der einen Seite, du auf der anderen
ich sehe nur mich, du siehst nur dich
du und ich, wir könnten einen Schritt zur Seite machen
einen Schritt nach rechts oder nach links
du könntest nach rechts gehen und ich nach links
oder umgekehrt
dann hätten wir uns wieder im Blick

noir

ein menschenleerer Platz
ich kippe vom Rad
stehe wieder auf

der selbe Ort, immer noch
die kalten Schatten des frühen Morgens
eingefrorene Zeit

ich kippe vom Rad
rapple mich wieder auf
klopfe mir den Staub aus den Kleidern

hinter mir trottet eine heilige Kuh vorbei
sie ist so entsetzlich mager
dass ihre Knochen unter der Haut
hervorstechen wie Speere

wir sind die einzigen Darsteller
Regie führt der da oben
sein unbestechlicher Blick
ruht nachdenklich auf unserem Schauspiel












Foto: Katrin Schäflein  www.picturepilot.de

vielleicht

es ist nicht die rechte Zeit
leider
du bist zu früh, nein
es ist schon zu spät, jedenfalls
es passt nicht
nicht jetzt, nicht hier, nicht so
komm wieder, irgendwann
dann ... vielleicht
vielleicht
dann