der Gaul

im Nacken
hockt ein ganzes Leben
auf deinen Schultern
macht es sich breit
gibt dir die Sporen

manchmal
fühlst du dich wie dein eigener
Gaul

Lustmord

warte nur ein Weilchen
dann komm ich mit dem Beilchen
und köpfe alle Veilchen


Die Sau in der Kirche

Die Sau in der Kirche
Was macht sie dort bloß
Die Sau ist so klein
Die Kirche so groß

Die Sau mag die Kirche
Dort fühlt sie sich fein
Muss nicht mehr die große
Die starke Sau sein

Foto: Jeannette Frei

Gewöllezeit

Reste graupelzig / im Schnee
Urinmarker / Pfoten spuren
schnurgerade / unterm Ruf des Habichts
das Keuchen / des Läufers
heißer Atem 

gelobtes Land

angekommen im neuen Land
gelobt?
[ich weiß nicht]
fremd anders als

alte Quellen versiegen
der Regen bringt
neues Nass

angekommen im neuen Land
mehr und mehr
geliebt


in memoriam

heute Morgen, auf dem Feld
kamst du mir entgegen
an der Seite einer mir
unbekannten Frau
die Ähnlichkeit löste sich auf
als du näher kamst
das warst nicht du
es war nur einer, der dir
glich von fern

eben sah ich dich
an deinem offenen Grab stehen
dein Sarg stieg langsam hoch
schwebte vor blauem Himmel
du blicktest ihm nach
freundlich interessiert
die Sonne blitzte
in deinen Brillengläsern

in meinem Kopf
sind Bilder von dir
die ich so nie gesehen habe
und nie so erwartet hätte
immer scheint darauf die Sonne
du bewegst dich durchs Zimmer
hinter dir das große Fenster
mit Blick aufs winterliche Feld
du bist tapsig
wie ein alter Bär
Großvater wie aus
dem Gesicht geschnitten

ich klebe imaginäre Bilder
in mein Album der Erinnerung
Familienaufstellung

leises Knacken -
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