die Treppe

uraltes Holz barock sich räkelnd
unter meinem Schritt samtdunkler
Glanz atmend im Teppich
vieler Stimmen wünscht' ich
barfuß zu steigen
auf dieser breiten Himmelsleiter
zu fühlen wie
Vergangenes schmeichelnd sich
an meine Sohlen schmiegt

im Ludwigsburger Schloss, Festspiele 2011

Neues von Erna - und wieder passiert nichts

Erna zieht sich einen Stuhl ans Küchenfenster.
Der halbe Mond hängt überm Dach des Nachbarhauses. Ein Blinzler. Sie zwinkert zurück. Der weiß alles vom Leben, hat die ganze Welt im Auge. Jede Nacht.   weiterlesen

Notration

Glückskrümel
rieseln mir in den Schoß
blind tasten
meine Fingerspitzen
sie zu bergen
für magere Zeiten
.
licht am ende des tunnels -
hoffnung
ist nur ein fluchtweg ins freie
.

leichte Beute


















zwangsläufig Zeit
schinden
wo soll das hinführen
zielloses Treiben
im Strom
kopfloser Geschäftigkeit
Passanten rudern eilig
vorbei
ein Penner mit Rollator
wittert seine Chance
beim angeschlagenen Wild
ich
bin leichte Beute
er schenkt mir
Alles Gute

foto: (c) e. h.

sprechende Hände

gießen Worte
in Form

setzen Zeichen
im Raum

geben Impulse
schlagen den Takt
dirigieren das Chaos

spenden Wärme
reichen Brot
trocknen Tränen
lösen Knoten
tanzen Träume

Hände sind
unsre Flügelspitzen

sprechende Hände

stolperstein











auf dem rücken ranzen
heft und bücher tanzen
herrnkind springt allein
in die weite welt hinein
stolpert übern pflasterstein
    böser stein
          stolperstein
heile heile mausespeck
in fünfzig jahr ist's kind dann
    weg

auf dem buckel ranzen
buch und hefte tanzen
sternkind geht allein
in die graue welt hinein
stolpert traurig übern stein
    gelber stern
        goldner stein
            stolperstein
heile heile mäusedreck
plötzlich ist das kindlein
    weg

Der Künstler Gunter Demnig erinnert an die Opfer der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten selbst gewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing ins Trottoir einlässt. Inzwischen liegen STOLPERSTEINE in über 500 Orten Deutschlands. Vor meinem Haus sind zwei davon.

Ein sehr spröder Text – ich weiß. Er erzählt von einem Schulweg, den zwei Kinder zur gleichen Zeit gegangen sind. Die Zeit hat beide inzwischen verschlungen, das eine früher, das andere später. „herrnkind“ und „sternkind“ habe ich aus Christa Wolfs „Nachdenken über Christa T.“  übernommen.

foto: katrin schäflein www.picturepilot.de

morgens ist die welt ...

du sitzt da
neuer tag dämmert
erste gedanken liegen
schwer im magen

du sitzt da
mit deiner zeit
die dir geschenkt wurde
einfach so

einem geschenkten gaul schaut man nicht ins maul
sagt ein sprichwort

du riskierst trotzdem einen blick
ins maul des tages
es steht verdammt weit offen
und zeigt dir faule zähne

bevor es dich anhaucht
reich ihm die bürste
als einen akt der gnade

mother's finest

.
muttertag vorbei -
gelbe rosen hängen ab
für ein nickerchen
.
mother's finest -
the yellow roses take
a power nap
.
.
friedlich faucht
der rote drache lap top
in meinen schoß
.

alles neu

nachts um zwei sehne ich
das erste zwitschern der vögel herbei
die morgendämmerung ist ein hoffnungsschimmer
der duft von frisch gebrühtem kaffee
das paradies auf erden

wie ich ihn gekocht habe, will ich gar nicht beschreiben. es war spannender als eine abenteuerreise durch den kolumbianischen urwald.

bittersüß

.
den bitteren
kern im süßen gehäuse
knacken
.

schmerz

und wieder
seine wühlenden finger
in deinem fleisch
du hattest ihn vergessen
wolltest dir seinen namen
nicht merken warum auch
kommt er doch ohne aus
überall auf der welt
den griff seiner unbarmherzig
harten hand
lernt jeder kennen
irgendwann

sei gewiss
dir geht es noch gold
vergiss die linke
kneif mit der rechten sanft
die spitze deiner nase
sie ist eiskalt aber
du atmest schon den sommer
er wird -
wie jedes jahr