kleines Abseits

.


Ein Rosenbäumchen
inmitten von Brennnesseln.
Rühr mich nicht an!

.

in meinem Blick

ich trage dich
in meinem Blick
verschwommene Konturen die
mich still begleiten
in all den Jahren Schatten
in meinen Augenwinkeln die
geduldig warten um
irgendwann
zu tanzen Formen
anzunehmen die ich
bemale Rot und Gold
und schließlich
Schwarz

ein guter Morgen

eine warme Hand in meiner, ihr Druck überraschend fest
[ich gehöre einem Heimatlosen]

eine Stimme an meinem Ohr, noch vom Traum besänftigt
[ich gehöre einem Herzbesetzer]

das Flattern eines winzigen Schmetterlings
gefangen zwischen den Bögen meiner Rippen
[es gehört mir]

der See träumt sich
















I
der See träumt sich
mit immer neuen Spiegeln
befragt er / seine Bilder
verfliegen
himmelwärts

II
der See träumt sich
gebeugt über seinen Spiegel
befragen wir / unsre Bilder
versinken 
grundlos

Andrea Zaumseil, Der See träumt sich
.
mir
mitte sein
 konzentrische kreise treiben
bleibt mitte
mir
.

unterwegs II

noch immer
Straßen alt und bucklig / Gras
in den Ritzen Löwenzahn / im Rinnstein
Regen

Stützen / selbst schon
gebrechlich / immer noch
nicht wissend wie / Zusammenbruch
verhindernd

ich / auf dem Rücken
treibend / ein glücklicher
Delfin / in fremden
Straßen

unterwegs I

unterwegs mit dir
schließen sich die Wunden
meiner Orte, heilen

der Stein, das Holz
sie atmen wieder, wie früher
öffnen sich die Poren
für Wunder, die
zu unsren Füßen liegend
danach gieren
von unsren Händen
gehalten und
liebkost zu werden

unterwegs

wenn du mich flüchtig berührst
fließt Strom unter meiner Haut
bilden sich Seen die ich befahre
Bäche die ich überquere

















wenn ich dich bereise
bist du mir ein weites fremdes Land
kreuzende Pfade ohne Wegzeichen
führen ins Abseits

tief hängende Wolken
jagen

zurück auf dem rechten Weg
bin ich froh

Foto: www.picturepilot.de

Jede Frau ist eine Insel

Von mir aus, geh!, hat sie ihm zugerufen, und er ging. Sie hat nicht gesagt: Geh doch! oder: Hau doch ab! Diese Worte überlässt sie anderen. Sie hat das gerufen, was ihre Mutter  gerufen hätte. In beleidigtem Ton. Sie fühlt sich wie die eigene Mutter. Altes Holz, weggeworfen.

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mein Untergang

eine Sonnenblüte
die unendlich langsam
im Meer verwelkt



nach dir

im kreischen
rostiger torangeln
im heulen
des ungeschlachten motors
inmitten
verwundeter stille

mich aufbäumen
vor sehnsucht
nach dir


 nach dir

wo die Liebe

hinfällt
steht sie allein
nimmer auf
leicht brüchig
bleibt sie liegen
und hofft
dass einer ihr
hochhilft und zwei
sie festhalten

Hundsliebe

Wenn sich ein scharfer Schäferhund verliebt, da kann frau gar nichts machen. Da läuft er hinter der Herzdame her, verlässt Haus und Hof und ist nicht mehr zu bremsen. Er winselt überzeugend und denkt gar nicht daran, das vorbeiziehende Wandertrio zu verbellen, zu verknurren oder aufzufressen. Die Bühnenshow bleibt aus. Sämtliche Macho-Allüren verduften schlagartig, er wird weich wie Butter, singt seinen Tenor im Background-Chor. Er ist einfach nicht wiederzuerkennen.

Kaum sind wir ihn endlich los, mitten im Ort, da kommt das nächste offene Hoftor, dahinter ein Collie, ein Rüde, was sonst. Auch er verliebt sich auf der Stelle, auf den ersten Duft. Schon wieder ein männlicher Begleiter, treu wie ein Dackel. Diesmal ein stummer Genießer. Die Frontfrau ist genervt. Ihr vierfüßiger Tanz wird ein bisschen verquer, sie verliert ganz leicht die Contenance, fängt sich aber gleich wieder und trabt hoch erhobenen Hauptes geradeaus weiter über die Dorfbühne.

Und wir, das Publikum? Wir haben Weibergedanken. Nicht schwer zu erraten.

lustmord

über die unlust schreiben?

da muss doch eine schreiblust sein
damit du die unlust beschreiben kannst

mit lust über unlust schreiben?

als ob ein blinder farben beschriebe
         / ein blindversuch /
was man nicht fühlt schreibend ertasten
die unlust zum lustobjekt machen
sie umgarnen sich an ihr reiben
sie umarmen sie drücken
bis ihr die luft ausgeht
und reine lust
bleibt

Weltgeschehen

Tschernobyl strahlte noch
da wünschte ich mir
das erste Kind

das zweite wurde geboren
als die Ölfelder in Kuwait
lichterloh brannten

man erzählte mir
dass in unsrer Stadt Särge
aufgestellt seien als Protest
gegen den Krieg

ich wiegte das Kind
die Welt drehte sich
weiter

wieder Morgen

Wieder ein Morgen
Sterne Lichtstaub bedeckt
Am Ausgang der Nacht
Matt der Mond

Letztes Aufträumen
Im Rauschen der Stille
Wir noch gewiegt
Gewiegt vor dem Tag

Wieder ein Morgen
Spuren von Weiß
Über schwarzen Tasten
Himmelstuch grau