und links das Meer

Und links das Meer
Du zweifelst? es ist das Meer
Da, wo sonst der Wald ist, die Wiese
Da glitzert blau das Meer
Komm, lass uns fliegen

Und keiner wird uns glauben
Das Meer? das kann nicht sein
Da, mitten in der Landschaft
Da glitzert nicht das Meer
Komm, lass uns schweigen

Keiner muss wissen, dass wir
Zum Meer geflogen sind

Foto: Katrin Schäflein www.picturepilot.de

kleines voodoo

Willst du, dass ich dir ein kleines voodoo mache?
Nein, keine finstere, böse Verwünschung
Ich meine ein weißes, leichtes, luftiges
Ein verführerisches Zauberstückchen
Nur für dich
Willst du es, das kleine voodoo?

Radfahren

Rechts rauscht das Grün eines Gemüsebeets vorbei
Von links überholt die Dame mit den strammen Waden
Mojn, Mojn!
Hinten treibt der Mann im gelben Trikot
Mach hinne!
Von vorne pfeift der Wind voll ins Gesicht

Und das alles gleichzeitig!
Heul doch!

Herz-Polka

Ich-Vogel muss fliegen
Herz-Stein bleibt liegen

Herz-Stein tanzt übers Meer
marmorleicht federschwer
hüpft er umher

Ich-Vogel kommt zurück
kommt übers Meer













Foto: Katrin schäflein www.picturepilot.de

unerträglich leicht

Ich streife querfeldein, über trocken braunes Brachland mit gelblich dürren Gräsern, grauem Geröll, dazwischen, wie Schätze verborgen, die bunten Köpfchen seltener Blumen. Der Himmel trägt verwaschenes Blau.  Ich laufe, dem unbarmherzigen Licht der senkrecht stehenden Sonne schutzlos ausgeliefert, kein Schatten begleitet mich, kein Tropfen Schweiß rinnt über meine Stirn, kein Lüftchen spielt in meinen Haaren. Um mich herum nur das rastlos eintönige Surren unzähliger Insekten. Ich bewege mich voran ohne die Sehnsucht jemals anzukommen, ohne die Absicht irgendwann umzukehren. In mir nur die unerträgliche Leichtigkeit des Seins.  

Liebe ist ...

Reibung und Wohlklang

der Bordun, der die Melodie trägt
die Saite, die den Körper zum Klingen bringt
das straff gespannte Fell, das die Schläge auffängt und
in Rhythmus verwandelt
der Gong, dessen Schwingungen nachhallen in den weiten
Räumen des inneren Doms

für den Trommler in meinem Leben

Juniabend

vergänglicher Balkon Sommer  / einfach sitzen
vor dem Schattenriss der Dächerkulisse / im schwindenden Licht
das müde Sirren der Schwalben / am Firmament die Venus
strahlend hell / besoffen vor Liebe

Sommer

Sein flüchtiger Kuss bringt mich zum Schweben
die Zeit steht still, verharrt im endlosen Moment
hält Atem an, bewegte Ruhe zwischen sanften Ufern
gekräuselt nur von einem Hauch von Wind

Vorbei am Zauber gut verborgener Blüten und
an dem Duft von Lilien, Akeleien, rotem Mohn
gelb glänzend fetten Trollen, die am Ufer Wache halten
Vergissmeinnicht, die blau im Schatten ruhen

Ich pflücke sie in meinen Beutel voller Sommer
dazu noch Duft von frisch gemähtem Grün
und helles Sirren von den Schwalben, die da oben
am Himmel spielend ihre Schleifen ziehen

Familienaufstellung

Die Langeweile ist ein dürres, langes Elend
grau bis in die Zehenspitzen, Hornhaut
an den Sohlen vom ewigen Dahinschlurfen
Sie ist die kleine Schwester der Sinnlosigkeit
Die ist dick und schwarz wie die Nacht, rennt 
zuweilen heftig mit dem Kopf gegen die Wand und
prallt dort ab wie ein roter Gummiball
Ihr Vater ist ein gebeugter, staubiger Kohlenträger
und ihre Mutter eine ausgelaugte Weißwäscherin
Nur der Bruder, der hat was. Der ist ein
Leichtfuß, ein Färber, färbt einfach alles schön