was schlimm ist

auf einen Berg gestiegen sein
und doch nicht in die Weite blicken können

nicht mehr zwei Stufen auf ein Mal
nehmen können

den blauen Himmel verleugnen
weil es in dir regnet

sich vorstellen dass einer
am Grab weint

ein geliebtes Leben verblassen sehen

nach einem Namen suchen
und ihn nie mehr finden

für K.

ein Bad nehmen -
sämig gestampfte Erdäpfel
im tiefen Teller

.




Vinyl

Knistern / der alten Zeit
wirre Spur / melodisch
ein Hüsteln / fern
im Tonwald / fest gebannt
das reibungslose / Jetzt
in immer derselben
Rille


auf der Tannenspitze - leichthin

der Grünfink pfeift
nach seiner Frau, sie kommt
und lässt sich nieder
sie zirpen beide, schauen fern
er fliegt davon, sie bleibt
[nicht gern]
nach Stunden kommt er 
wieder
singt völlig neue Lieder


der Granatapfel


















der Granatapfel
den ich hüte
schon seit einem Jahr
gibt aller Liebe allem
Schmerz Gestalt

braunrot vernarbt
ein altes Leder
zäh
zieht er sich
mehr und mehr
in sich zurück

meine Finger
streichen über die Schrunden
seiner Schale

nicht ohne Widerstand
fügt er sich
in meine Hand


e-bay

ungeweinte tränen
meistbietend zu vergeben
frisch salzig brennend
gut gelagert
aus alter vorratshaltung
luftdicht versiegelt
ohne verfalldatum

für jeden anlass
bestens geeignet

Wortgeflecht

Sätze einfach hinwerfen, ungeformt. Nicht alle müssen sitzen wie eine gute Frisur. Die Locken dürfen mal springen. Oder der Hut darf drauf bleiben. Oder es darf ein alter Hut sein. Oder eine gestreifte Schleife wie früher. Oder stramm geflochtene Zöpfe, dass es einem die Kopfhaut schier zerreißt. Der Scheitel darf auch mal schief sitzen oder an der falschen Stelle. Oder ganz weg sein! Zum Schreien unwohl darf's einem werden oder ganz wohlig. Wollig auch, streichelzart lammswollig. So viele Möglichkeiten … schön langweilig auch. Und dann fährt ein Windspiel durch, Sausewind, Brausekind, und alles wirrt durcheinander, formlos Wildes reicht sich die Hand und verschmilzt, verfilzt. Dickicht, blickdicht. Verdichteter Chaos. Warmwinterliches Geflecht. Nest für Flüchtlinge aller Art. Versteckter Nistplatz für Vertriebenes, Ausgetriebenes, Umtriebiges. … Worte, nur Worte.

Erstes am Morgen ...

Ungestillt.  Schenk mir ein bisschen Haut!

Raureif-Optik. Vielleicht kommt irgendwann die Sonne durch und taut die Augenblicke klar.

Die Welt. Jeden Tag dasselbe Bild im Fensterrahmen. Täglich wechselnde Beleuchtung.

Ein Siebenuhr-Läuten wie eine Kriegserklärung. Kann mir das einer erklären?

Flaues Gefühl in der Magengegend. Den Ball besser flach halten heute.

Welches Bein zuerst auf den Boden bringen? Wer schwankt hat schon verloren.

Wasserreiche Dusche, wortkarges Müsli, winterhartes Outfit.

Womöglich wieder ein Tag?


himmel schnürt grau

nur nicht ergeben
lächeln verweben / sterne
sticken aufs grau // schiffe im regen
versenken / nur nicht
an morgen denken // schilfleicht
wiegen im blau



foto: jim martin