Friedhofsgeschichten

Mutter sagte: 
Wie man sich bettet, so liegt man.



Auf dem Friedhof gibt es einen Grabstein, auf dem steht nur:

Meine Mutter     * - *
Onkel Otto        * - *



Dann ist da ein Grab, da liegt ein ganz Kleiner bei einem Großen. 
Der Kleine liegt als Steinchen auf dem großen Stein. 
Oder er hockt als ganz kleiner Stein neben dem großen Stein des Großen.



Stuttgart, Dornhaldenfriedhof. Im Eilschritt die Namen auf den Grabsteinen abarbeiten. Die Stecknadeln im Heuhaufen suchen. Baader, Ensslin, Raspe. Ihr Grab nicht zu finden. Im meinem Hirn nur nebulöse Bilder. 1977 - ich lebte hier, aber kaum eine Erinnerung an diese fast unwirklich gewalttätige Zeit. Ich war nicht bei der Beerdigung: Bilder auf Youtube, die Melodie*, die ungerechtfertigte Sentimentalität aufrührt. Am Ende nur noch pure Gewalt von allen Seiten.

An einem bestimmten Punkt der Grausamkeit angekommen, ist es schon gleich, wer sie begangen hat: sie soll nur aufhören.‘ (8. April 1945, Frau Wilde, 5 Kinder)

* Joan Baez, Here's to you, Nicola and Bart



Waldfriedhof. Friedbaumgräber - Fried-Wald wäre übertrieben. Randexistenzen, Namensschildchen am Stamm, ab und zu noch eine Weihnachtsgabe daneben. Jemand war da und hat an dich gedacht. Würde mir genügen. Draußen lärmt die Straße vorbei.



Ein frisches Grab weit entfernt, irreal. Ich konnte nicht dabei sein, als mein Bruder darin seine Ruhe fand.



Wie man sich bettet,so liegt man.
 Oder wird man gelegt.
 Wohlverdient?





1 Kommentar:

Jorge D.R. hat gesagt…

Mutter sagte:
Was sollen denn die Nachbarn denken!

In einem kleinen Dorf im Osten habe ich das gelernt.
Erst sehr viel später und sehr weit im Westen habe ich gelernt,
dass das nicht der wichtigste Spruch von Muttern war.