Die Schuhe

















Sind doch nur Schuhe. Nein, sind Harems-Damen, jede anders gleich, verlockend bunt aufgefächert. Insgeheim darauf wartend ein Individuum zu werden am Fuß, der sie auserwählt. Jetzt noch wie Hühner auf der Stange dem prüfenden Blick der Betrachterin ausgesetzt, die sich nicht entscheiden kann und am Ende alle kaufen will. Sie möchte sogar kaufen, obwohl das Modell ihr überhaupt nicht gefällt, einfach der Farben wegen. Ihr läuft schon das Wasser im Mund zusammen, obwohl Schuhe nicht essbar sind. Aber Spucke gehört zu Lackschuhen, und Lackschuhe gehören in die Kindheitsschublade.  Mit ein wenig Spucke kann frau sie dort leicht aufpolieren.
Sie fühlt sich zurück versetzt, sieht sich märchenhaft schnabelschuhig über persische Teppiche stolpern. Sieht sich von tätowierten Armen eine breite Wendeltreppe hinauf gewiegt, die Schuhe lässig von den Zehenspitzen baumelnd, das silbrige Innenleben schamlos enthüllt. Die passenden Kleider hängen im Baum, die Ringeltauben gurren. Klappe die erste!

Frau zieht sinnend weiter, die Hüften im Kamelgang wiegend. Die Schuhe nimmt sie mit. Sie lagern noch stundenlang eng verschwistert in der Hirnschublade und spiegeln sich in den Augen, zur Schau gestellt für jeden, der einen Blick dafür übrig hat.

Als sie wieder am Schaufenster vorbei kommt, schon am nächsten Tag, rein zufällig natürlich, fehlt … der Rote.

Foto: Jeannette Frei

2 Kommentare:

Blumenfreund hat gesagt…

Ja, Schuhe find ich auch magisch anziehent. Da bin ich so typisch Frau. Schöne Geschichte und schöne Schuhe.

Grüße
Christine

herbst.zeitlosen hat gesagt…

der Frühling wird sie wieder an den Tag bringen, die Lackschuhe ;o) Danke, Christine